Ein bisschen ein anderer Post als sonst:
Die Anno Spiele bis 1404
Anno 1602 war eines der ersten eigenen Spiele, auf dem PC, die ich hatte und ich habe es abgöttisch geliebt. Seitdem sind sehr viele Titel rausgekommen, 1503, 1701, 1404, 2070, 2205 und 1800. Ich habe nicht alle aus dieser Reihe zu ihrer Zeit gespielt, aber 2070 hatte es mir damals sehr angetan und ich hab es viel mit einem Freund im Multiplayer gespielt und 1800 ist das einzige Ubisoftspiel bei dem ich nicht widerstehen konnte, seit es moralisch fragwürdig ist Ubisoft zu unterstützen. Tatsächlich besitze ich alle Anno-Teile außer 2205, das mich mit dem extremen Zukunftsetting nicht gereizt hat. Vor kurzem habe ich aus Nostalgiegründen mal wieder Anno 1602 gestartet und mir ist aufgefallen, wie viel komplexer Anno 1800 geworden ist. In meiner Erinnerung war 1602 ein wahnsinnig komplexes Spiel, bei dem ich als Kind immer zu kämpfen hatte. Irgendwie hat es mich dann gepackt und ich habe alle Anno Teile in Reihenfolge des Erscheinungsdatums wieder angespielt, denn ich war neugierig welche Systeme wann in die Reihe kamen und welche Systeme vielleicht auch einfach gestrichen wurden. Nun habe ich mich die letzte Zeit über durch alle Anno-Teile bis 1404 gespielt und möchte meine Eindrücke von diesem Experiment schildern

Hier und da wird dann auch noch ein wenig Wissen aus den Nachfolgenden Teilen einfließen.
Anno 1602
Anno 1602 ist das Original der Anno-Serie. Das Spiel war damals weitgehend einzigartig, ein Echtzeitstrategiespiel, das den Fokus auf das Bauen einer Stadt legte, das vom Spieler verlangte Warenketten aufzubauen, für Nahrung, Kleidung, Baumaterialien, Tabak und so weiter und so fort. Natürlich gab es die Siedler-Spiele, die auch für ihre Warenketten gelobt wurden. Ich finde jedoch, dass bei Siedler all diese Waren nur erzeugt wurden um am Ende eine möglichst schlagkräftige Armee aufzubauen, während es bei Anno wirklich darum geht eine Stadt zu erschaffen. Die Inseln auf denen ihr in Anno 1602 baut sind deutlich kleiner als ich sie in Erinnerung hatte und auch die Warenketten sind nicht sonderlich komplex, es gibt gerade einmal 8 verschiedene Waren, die eure Bewohner einfordern. Eine Schwierigkeit ist, dass Gold und Eisen limitiert sind, denn Minen liefern nicht endlos Erz sondern sind irgendwann erschöpft - ein Gedanke, der erstmal gut klingt, faktisch aber eher dumm ist meiner Meinung nach. Ansonsten hat es bereits hier zwei verschiedene Biome, ein nördliches in dem Tabak und Alkohol wachsen und ein südliches in dem Gewürze, Kakao und Baumwolle wachsen. Das zwingt euch dazu mehrere Inseln zu besiedeln und Waren hin und her zu schaffen. Aus irgendeinem Grund gibt es hier und da mehrere Wege um an die gleiche Ressource zu kommen: Nahrung kann auf insgesamt 4 verschiedene Arten beschafft werden, Wolle auf zwei - es gibt sogar zwei Gebäude, die Wolle zu Stoffen verarbeiten können usw.
Wenn es zum Krieg kommt können eure Schiffe kämpfen, um aber eine Insel einzunehmen müsst ihr Soldaten in einer Burg ausbilden und ausrüsten, sie auf ein Schiff packen und sie dann auf der gegnerischen Insel abladen. Mit ihnen könnt ihr dann auf dem Inselinneren Gebäude zerstören bis irgendwann nichts mehr von eurem Gegner übrig ist. Der Kampf ist meiner Meinung nach der am wenigsten spaßige Teil am Spiel, aber irgendwie ist es durchaus befriedigend mit den Einheiten über die gegnerische Insel zu ziehen und alles stückweise platt zu machen.
Alles in allem ist Anno 1602 ein absoluter Klassiker, der einen für einige Stunden pro Partie beschäftigt. Allerdings hat man recht schnell alles gesehen und für den heutigen Maßstab ist einfach nicht genug Spiel im Spiel meiner Meinung nach.
Anno 1503
Anno 1503 kam 5 Jahre nach 1602 raus, im Jahr 2003. Der Start in Anno 1503 ist hart. Man hatte versucht die Grafik zu verbessern und realistischer zu machen im Vergleich zu Anno 1602 und das ist meiner Meinung nach missglückt. Die einzige Folge, die die "bessere" Grafik hat, ist dass man Dinge deutlich schlechter erkennen kann als im recht klaren ersten Teil der Serie. Hier wurden meiner Meinung nach mehrere furchtbare Designentscheidungen getroffen: Die Inseln sind zum Teil deutlich größer geworden, gleichzeitig können aber auch zwei Spieler auf der gleichen Insel siedeln, ohne dass einem das Spiel zu Beginn anzeigt, dass ein anderer Spieler auf dieser Insel unterwegs ist. Außerdem haben die Gebäude jetzt dezidierte Ausgänge, an denen Straßen ansetzen müssen. Diese werden aber nicht im Spiel selbst angezeigt sondern nur in dem kleinen Symbolbild, wenn ihr auf das Gebäude klickt - unglaublich frustrierend und hilft dem Spielspaß absolut nicht. Erzvorkommen und co müssen mit einem Scout ausgekundschaftet werden, und werden einem nicht mehr direkt beim Erkunden der Insel vom Schiff aus angezeigt. Auch dumm! Die Wohnhäuser sind größer geworden, was dann wiederum die größeren Karten stark in Relation setzt. Achja ... und warum eure Bewohner nur einen Kopf und einen Torso, aber keine Arme haben ... wer dachte sich, dass das eine gute Idee ist und nicht absolutes Nightmarefuel?
Spielerisch hat der Rechtsklick Einzug gehalten mit Anno 1503. Ihr wählt nun Dinge mit der linken Maustaste aus und gebt Befehle mit Rechtsklick. Sehr sinnvoll. Insgesamt gibt es nun 14 Consumer Goods für die ihr einzelne Marktstände bauen müsst. Die Bewohner gehen dann zu den Marktständen und kaufen ein. Genauso läuft es zum Beispiel bei der Wirtschaft. Das erhöht etwas den Wuselfaktor, man hätte aber auch auf die Markstände verzichten können - und hat das in den nachfolgenden Teilen auch gemacht. Die große Änderung, die aus diesem Verhalten folgt ist, dass eure Bürger keine Steuern mehr zahlen, sondern ihr euch nur noch durch die Ausgaben eurer Bürger finanziert. Das System macht wenig Sinn und schränkt euch ein, da ihr die Steuern nicht mehr nach belieben anheben könnt auch wenn es eure Bürger verärgert. Die Soundkulisse ist extrem seltsam geworden: Bei einer Schafsfarm wird wirklich durchgehend Geblökt zum Beispiel, was schnell sehr nervig wird. Und zu guter letzt hat das Spiel aus irgendeinem Grund Probleme damit euch anzuzeigen in welchem Bereich ihr bauen könnt und in welchem noch nicht, was wirklich nervig ist.
Insgesamt wurde hier und da ein wenig modernisiert, im Grunde hat sich aber nur wenig verändert und das was sich verändert hat, ist zum größten Teil schlecht. Anno 1503 ist meiner Meinung nach, nach dem ersten großen Wurf ein ziemlicher Flop, was gleich doppelt heftig ist, wenn man bedenkt, dass die Entwickler 5 Jahre dran gearbeitet haben (und das Spiel damals unfertig und verbuggt rauskam).
Anno 1701
Als nächstes kam Anno 1701 im Jahr 2006. Wenn man das Spiel startet, merkt man als erstes, dass sich die Entwickler von der "realistischen" Iso-Grafik verabschiedet haben und nun einen comicähnlichen 3D-Stil verfolgen. Anno 1701 führt einige große Zahl Dinge zum ersten Mal ein: Es gibt nun Charaktere, die einzelnen Parteien in einem Spiel sind nicht mehr nur Farben sondern es sind tatsächliche Charaktere, die dahinter stehen. Das erste Mal könnt ihr zu Beginn des Spiels diverse Einstellungen tätigen - abseits von dem grundsätzlichen Schwierigkeitsfaktor. Diese Einstellungen beinhalten zum Beispiel eure Startbedingungen (wieviel Geld ihr habt, ob ihr ein Schiff habt oder eine bereits besiedelte Insel usw.), die Siegbedingungen, eure Konkurrenz, und ob die Karte bereits von Beginn an aufgedeckt ist oder nicht. Gerade letzteres ist eine Neuerung, bei der ich eigentlich im Kopf hatte, dass diese immer schon Teil von Anno war, aber da lag ich falsch. Auch spielerisch bringt das Spiel diverse neue Ideen, die sich Teils durchsetzen für künftige Titel oder die Teils einfach dämlich sind.
Die erste Neuerung ist, dass zwischen dem Marktplatz und einem Warenhaus unterschieden wird. Die Warenhäuser werden genutzt um euer Baugebiet zu vergrößen (das euch jetzt gottseidank wieder angezeigt wird) und um Waren abzuholen. Der Marktplatz ist das Gebäude, das eure Bewohner in ihrer Nähe benötigen um das Bedürfnis nach Gesellschaft zu befriedigen. Diese Änderung wird in Zukunft bleiben und sie ist klug und sinnvoll. Man erhält Geld wieder aus Steuern anstatt aus Verkäufen, man erkundet Inseln wieder vollständig vom Schiff aus und weiß von Anfang an über alle Ressourcen bescheid. Hier wurde also viel von Anno 1503 rückgängig gemacht. Neu ist auch, dass der Großteil der Küste nicht besiedelbar ist, sondern dass man den Kontor nur an Strandabschnitten bauen kann. Die Zahl der herstellbaren Consumer Goods ist wieder auf 8 gesunken, dafür sind die Warenketten komplizierter geworden. Außerdem gibt es Waren, die nur eingekauft werden können - gerade letzteres finde ich nicht sonderlich toll. Auch neu ist die Sortierung der Gebäude, die nun nicht mehr nach Kategorien sondern nach Einwohnerstufe gemacht wird - eine Änderung, die bei allen folgenden Annos so bleiben wird.
Anno 1701 ist meiner Meinung nach ein grundsätzlich sehr viel besseres Spiel als 1503, leidet aber unter zwei Dingen: Zum einen wurden die Ressourcenlimits weiter verschärft, jetzt sind nicht nur Mineralien limitiert sondern auch Fischereigründe geben nur eine bestimmte Menge an Fisch. Auch Lehmgruben geben nur eine bestimmte Menge an Lehm, wodurch nun auch Steine als Bauressource limitiert sind. Das ist unglaublich nervig! Das zweite - größere - Problem ist, dass Anno 1701 unglaublich lästig zu bedienen ist, denn nach jedem Gebäude das ihr baut, ist das Gebäude nicht mehr ausgewählt. Ihr müsst also wenn ihr 6 Wohnhäuser bauen wollt, anstatt das Wohnhaus auszuwählen und dann 6 mal an die Stelle zu klicken an denen ihr Bauen wollt nun das Wohnhaus auswählen, an die Stelle klicken wo ihr bauen wollt, das Wohnhaus wieder auswählen, an die Stelle klicken wo ihr bauen wollt, das Wohnhaus wieder auswählen, usw. Furchtbar dämlich gelöst das ganze für ein Spiel, bei dem es hauptsächlich um das Bauen geht.
Alles in allem ist Anno 1701 ein deutlicher Schritt nach vorne im Vergleich zu 1503, das absolut nicht an die Erwartungen eines Annos rankam. 1701 macht Spaß, auch wenn es mit mehreren Problemen zu kämpfen hat und sich nach wie vor nicht wie ein modernes Spiel anfühlt.
Anno 1404
Anno 1404 wurde im Jahr 2010 veröffentlicht und führte viele Ideen von 1701 fort, führte neue ein und perfektionierte die bisherigen. Anno 1404 ist das erste mal seit Anno 1602 dass man wieder das Gefühl bekommt, die Entwickler haben verstanden wohin die Reise gehen soll und während dem Spielen hat man das Gefühl eine kompetente Aufbauserie zu spielen. Das große Thema von 1404 ist der Orient, ähnlich wie in den vorherigen Teilen gibt es also zwei Biome, Norden und Süden (also der Orient), die unterschiedliche Ressourcen zur Verfügung stellen. Neu ist aber, dass die Orient-Biome mit komplett eigenen Bevölkerungen kommen, mit eigenen Bedürfnissen und eigenen Waren. Das ist ein gewaltiger Schritt in der Komplexität, insbesondere weil sich die Wüsten des Orients nicht einfach so bepflanzen lassen sondern es braucht stets Wasser, das auch immer wieder nachgekauft werden muss - gerade letzteres ist eine Entscheidung die ich nicht großartig finde. Etwas nervig am Orientkonzept ist, dass ihr euch durchgehend beim Herrscher des Orients einschleimen müsst um neue Gebäude freischalten zu können. Dazu wird das Ruhmsystem genutzt, mit Ruhm könnt ihr euch dann vom Gesandten des Königs im Grunde Empfehlungsschreiben kaufen, die ihr dann zum Chef des Orients bringt. Meiner Meinung nach unnötig und nicht wirklich zielführend.
Ebenfalls neu ist, dass Gebäude, die auf Felder angewiesen sind nun nicht mehr einfach vollständig Felder im Einflussbereich benötigen, sondern stattdessen benötigen sie so und so viele Feldmodule. Das ist prinzipiell ein cooler Gedanke, der auch in späteren Annoteilen erhalten bleiben wird. Denn er forciert intelligentes Bauen um Platz zu sparen. Allerdings muss ich auch sagen, dass die meisten Gebäude so große Feldmodule haben und so viele davon benötigen, dass es mir nur selten gelungen ist, wirklich schlau zu planen. Das mag aber auch ein Problem von mir sein. Auch ansonsten gefällt mir 1404 überraschend gut, ich muss aber gestehen, dass bei meinen Anläufen selbst die Gegner auf einfachster Stufe häufig schneller waren als ich. Hier hätte man den Schwierigkeitsgrad gerade für Strategie-Amateure etwas zurückschrauben können.
Alles in allem würde ich sagen ist Anno 1404 der beste Teil seit Anno 1602, ein Spiel bei dem man das Gefühl hat, die Formel wurde sinnvoll weiterentwickelt und es gibt nur wenige Aufreger, sodass es einfach viel Spaß macht.