Gestern lief bei mir tatsächlich der Abspann von
Cyberpunk 2077 über den Bildschirm …
Das war eine extrem längliche Reise, was zum Teil meiner eigenen Unfähigkeit, zum Teil des gewaltigen Umfangs von Cyberpunk geschuldet ist. Zuerst: Eigentlich hätte ich dieses Spiel bereits Anfang dieses Jahres beenden sollen. Allerdings habe ich meinen Computer um eine 3 TB SSD erweitert und mein OS neu aufgesetzt. Dabei habe ich leider nur unzureichend die Speicherstände von Cyberpunk gesichert und gut 1 Monat Fortschritt verloren. Das hat mir dermaßen die Luft aus den Segeln genommen, dass ich Cyberpunk erstmal auf Eis gelegt habe. Mehrere Monate später habe ich dann neu angefangen -- ein neuer V, diesmal männlich statt weiblich, machte sich auf den Weg durch Night City. Ich hatte natürlich vieles schon gesehen, was ich persönlich aber gar nicht schlimm finde: Ich bin kein Freund von großen Überraschungen und freue mich sehr eine gute, mir bereits bekannte Geschichte erneut zu erleben. Allerdings hat es natürlich dazu geführt, dass ich nun insgesamt über 180 Stunden in Cyberpunk verbracht habe - und genau hier schlägt natürlich der extreme Umfang von Cyberpunk durch.
Was ist also mein Eindruck von Cyberpunk 2077?
Erst einmal besticht das Spiel mit einer wirklich tollen Grafik, ich habe zwar ohne Raytracing gespielt, aber auch dann kann Cyberpunk wirklich überzeugen. Die Charaktere sind detailliert, bunt und liebevoll gestaltet und die verschiedenen Implantate bei den NPCs geben ihnen auch noch mehr Charakter, die ausgeflippte Kleidung ebenfalls. Die Welt ist groß, die Stadt hat viele abwechslungsreiche Ecken und kreative Ideen eingebaut und ist über und über mit Graffiti verziert, was ihr einen sehr eigenen Charakter gibt. Allerdings muss ich sagen, dass -- obwohl die Wolkenkratzer zum Teil so hoch sind, dass man den Himmel nicht mehr sieht -- der "Cyberpunk"-Teil im Worldbuilding meiner Meinung nach nur teils rüberkommt. Auch dass Night City ein riesiger Moloch von Stadt sein soll, ja es ist groß, aber es fühlt sich für mich nicht wie eine riesige Metropole der Zukunft an, insbesondere nicht der Zukunft des Jahres 2077 aus Sicht der 90er Jahre. Das ist sehr schade, aber vermutlich ist es auch einfach nicht möglich, dass man durchgehend dieses Gefühl behält, ab und an schafft es Cyberpunk nämlich schon diese Gefühle und die Atmosphäre zu wecken.
Die Story hat mir gut gefallen, im Großen und Ganzen. Das trifft sowohl auf die Hauptstory als auch auf einen Teil der Sidequests zu, wobei ich auch sagen muss, dass gerade bei den Nebenquests zu viel Filler und zu wenig Qualität dabei war: Es gibt die generischen NCPD Kämpfe, die in der Stadt auftauchen, die habe ich eigentlich nie gemacht. Dann gibt es graue Sidequests, kleine Aufgaben, die ihr von einem der Fixer bekommt. Diese sind storytechnisch komplett zu vernachlässigen und irgendwann habe ich mich auch nicht weiter für sie interessiert. Dann gibt es die weiteren Nebenquests, bei denen dann für gewöhnlich tatsächlich interessante Nebencharaktere mitspielen und bei denen kleinere Geschichten erzählt werden. Diese sind unterschiedlich umfangreich und auch unterschiedlich gut, aber sie sind eine schöne Ergänzung neben der Hauptstory und ich habe so gut wie alle gemacht. Und dann gibt es natürlich die Hauptquest, eure Geschichte mit Johnny. Diese ist ebenfalls gut erzählt, auch wenn ich mir vielleicht ein wenig mehr Tiefgang noch gewünscht hätte.
Was das Gameplay angeht, würde ich sagen, dass Cyberpunk durchaus überzeugen kann, aber auch da hätte man noch ein wenig mehr draus machen können. Es gibt viele Möglichkeiten, an verschiedene Szenarien ranzugehen. Ich habe mich hauptsächlich auf den Solo spezialisiert, das heißt ich habe eine Shotgun in der Hand und ballere den Großteil weg, zusätzlich habe ich ein wenig Schleichen und meine Implantate gelevelt. Man hätte auch das Hacking mit dazu nehmen können, insgesamt ist mir das aber zu wenig abwechslungsreich und wirkte eher limitiert -- außerdem erinnert es mich zu sehr an Magie und damit kann ich nicht so super viel anfangen

Das Shootergameplay ist dabei durchaus spaßig, allerdings muss man gestehen, dass die KI keine Bäume ausreißt. Ich habe keine Flankiermanöver oder ähnliches gesehen. Das Highlight ist, wenn einer der Gegner eine Granate wirft. Ansonsten ist das Gameplay aber durchaus funktionsfähig und spaßig und kann unterhalten.
Alles in allem würde ich sagen, ist Cyberpunk 2077 ein sehr gutes Spiel, das aber durchaus seine Schwächen hat. Das Gameplay ist involvierter und spaßiger als es bei Witcher 3 der Fall ist, dafür konnte mich die Geschichte und die Nebenstorys nicht so sehr abholen wie es bei Witcher 3 der Fall ist. Beide Spiele sind meiner Meinung nach schlicht und ergreifend einfach zu groß. Ich würde mir wünschen, dass RPGs sich wieder eher in den 20 bis 60 Stunden Bereich orientieren anstatt dass man 100 Stunden oder mehr in dem Spiel zubringen muss. Hier war für mich zum Beispiel Witcher 2 der Sweetspot. Insgesamt ist Cyberpunk aber durchaus einen Ausflug wert
